Nun, wenn man Älter wird, sieht
man ein wenig schlechter. Und was macht ein Modellpilot, wenn er
schlechter sieht? Richtig: er baut größere Modelle. Da ich schon immer
eine große Piper wollte, kam diese gerade Recht. Nach einer Inspektion des
"Bausatzes" bei Modellbau Lindinger entschloss ich mich zum Kauf, da die
Qualität schon im Vorfeld überzeugte. Beim Öffnen des Kartons sticht
einem sofort die saubere Verarbeitung ins Auge. Nun gut, manches mal ist
der Schein besser als das Ergebnis. Ob die Qualität hält, was sie
verspricht, wird der Bau zeigen. Das erste Zusammenstecken des Modells
zeigte jedenfalls, das sich alles ausgezeichnet aneinanderfügen lässt.
Auch das Zubehör lässt keine Wünsche offen: stabiles Heckfahrwerk,
Pilotenpuppe, alle benötigten Schrauben in Metrisch (!), Dekorsatz, Räder,
fertig gebogenes Fahrwerk, sogar Servohebel mit Kugellager (!) sind
beigepackt.
Bei der ersten "Anprobe" auf der Ladefläche meines Autos (Renault Espace)
kam allerdings etwas Ernüchterung auf. Der Hersteller hat das Leitwerk
nicht abnehmbar, sondern als fest mit dem Rumpf verklebt vorgesehen. So ging
das nicht. Das soll aber nicht abschrecken, denn durch einen kleinen
Eingriff wird das Problem behoben; frei nach dem Motto: was nicht passt,
wird passend gemacht! Aber beginnen wir von vorne:
Motor: Welcher Motor? Diese Frage stellt sich automatisch, wenn man
Schleppambitionen hat. Vorgesehen ist ein ZG 80B. Nach der
Zeichnung in der Bauanleitung müsste der Motor verkehrt herum eingebaut sein, also mit den Auspufföffnungen nach oben. Diese
Montage wäre mir Neu.
Leider passt weder ein Einzylinder noch ein Boxer in dieser Größe ganz
unter die Motorhaube. Mir jedenfalls sind zwei kleine Ausschnitte links
und rechts in der Motorhaube lieber als ein Riesenloch rechts unten für
den Kopf eines Einzylinders. Ich wählte einen ZDZ 100B NG, da der
100er Boxer mit 2190g leichter (!) als der 80ccm ZG (2870g) ist. Die zweite Frage war die der Abgasführung,
sprich Auspuff. Ein Boxer hat bekanntlich zwei Auslässe, die entweder in
zwei kurzen Dämpfern oder in einen Sammeldämpfern nach Vorbild des ZG 80
von Tony Clark münden. Ich hatte - dank der Unterstützung eines Kollegen -
zwei alte ZG-62 "Flüstertüten" zur Verfügung. Diese wurden kurzerhand auf
meine Zwecke adaptiert und mit den Selbstbaukrümmern von Krumscheid zu
zwei Auspuffanlagen umfunktioniert. Der Vorteil: man braucht keine Löcher
in den Kopfspant zu machen, was die Festigkeit erhöht. Leichter ist das
ganze auch noch und die Schalldämpfer geben keine Wärme in das Rumpfinnere
ab, würde doch die Empfangsanlage, die Elektronik und der Tank direkt über
den Dämpfern zu liegen kommen. Von Vorteil beim Einpassen der Dämpfer
erwies sich die beiliegende durchsichtige Dummy-Motorhaube, durch die ich
die Einbaulage der selbstgestrickten Dämpfer genau festlegen konnte.
Da keine besonderen Vibrationen zu erwarten waren, wurde der Motor mit
gedrehten Abstandshalter aus Alu an die richtige Stelle gebracht und
ausgerichtet. Auch das Drosselservo fand seinen Platz im Motorraum am Kopfspant, mit
einem Alublech gegen direkte Hitze geschützt. Die Lufteinlässe an der
Motorhaube wurden mit Drahtgeflecht gegen Eindringen von Schmutz
gesichert. Ich wollte unbedingt Landescheinwerfer einbauen, was aber in
den Flächen nur erschwert möglich gewesen wäre. Daher wurden sie direkt in
der Motorhaube eingeharzt und per Goldsteckern mit der Elektronik
verbunden.
Leitwerk: Als praktisch denkender Mensch bin ich gegen ein Leitwerk
dieser Größe, das nicht abnehmbar gestaltet ist. Also musste ich mir als nächstes Gedanken über den
Umbau des Leitwerks machen. Da die Teile
alle bestens passten, wurde der Oberteil der Aufnahme für das Leitwerk mit
der "Fein" mit Übermaß abgeschnitten, so dass noch auf beiden Seiten eine
Sperrholzverstärkung mit 5mm Platz fand. Auf der einen Seite mit den
Leitwerken verklebt und als Dübelhalter dienend, nehmen sie auf der
anderen Seite - an den letzten Spant geklebt - die Dübel 6mm als Führung
auf. Um das Leitwerk zu befestigen, wurde ein Balsaklotz mit ca. 50x50mm
aus Balsa Hart in das Heck eingeharzt. Durch diesen wurde ein Loch
senkrecht zur Auflagefläche des Leitwerks gebohrt und ein 8mm
Alurohr eingeklebt. Es dient als Führung für die Sicherungsschraube, die
in die ins Höhenleitwerk eingelassene Zackenmutter eingreift und mit Hilfe
der beiden Dübel den geraden und festen Sitz des Leitwerks garantiert,
wobei das ganze durch die Leitwerksverspannung zusätzliche Festigkeit
erhält. Erfreulicherweise sind bereits überall metallscharniere
(Bandscharniere Groß) eingeklebt, obwohl sie in der Bauanleitung noch als
Fertigzustellen angegeben sind. Das diese wirklich fest eingeklebt sind,
konnte ich mich beim Entfernen des unteren Seitenruderscharniers
überzeugen. Um nämlich das Leitwerk zu komplettieren, musste ein Stift-
statt dem Bandscharnier eingesetzt werden. Im Seitenruder eingeklebt, im
Rumpf in einem Messingrohr gelagert, übernimmt dieses Scharnier die
unterste Lagerung des Seitenleitwerks.
Die Servos für die beiden Höhen- und das Seitenruder werkeln in den vom
Hersteller vorgesehenen Aussparungen direkt vor Ort. Die Anlenkungen
wurden so weit wie möglich spielfrei gestaltet. Auf beiden Seiten sind
Kugelköpfe an die Anlenkungen montiert, welche sich auf der Servoseite
bequem zur Demontage aushängen lassen. Die Servokabel wurden an der
Oberseite des Rumpfes in einem Kabelkanal bis zur Kabine und weiter zum
Empfänger geführt, daher konnte die Empfängerantenne am Rumpfboden in
einer Bowdenzughülle, weit genug weg von den Kabeln, verlegt werden. Wie sagt ein
Fernseh-Werbungsgeschädigter? "Paaaaaaaassst!"
Flächen: Wenden wir uns nun den Flächen zu. Das Einziehen der Servokabel wird zum
Kinderspiel, da Herstellerseitig Fäden bereits in der Fläche
liegen, und zwar so, dass sie nicht verloren gehen können (auf beiden
Seiten angeklebt). Ursprünglich waren an den Klappen 2 Digital-Servos
HiTec HS-5645BB/MG mit 10,3kg vorgesehen. Beim Einstellen der
Mischverhältnisse brannte eines durch einen Kurzschluss im Motor ab (was
mir schon zum zweiten Mal bei Digi-Servos passiert), worauf ich auf die bewährten
HS-645BB/MG mit 7,7kg zurückgegriffen habe. Die 645 passen ohne Nacharbeit
perfekt in die Ausschnitte. Die Verbindung der Servokabel mit dem Rumpf
wurde mit Sub-D Steckern, welche in die Wurzelrippen und den Rumpf
eingeklebt wurden, gelöst. Nur Flächen zusammenstecken und alle Kontakte
sind geschlossen
Lt. Hersteller wäre die Flächenbefestigungen so gelöst, dass
Schrauben von der Oberseite der Flächen durch die Beplankung in das
Flächensteckungsrohr per Gewinde eingreifen und so die Sicherung gegen
auseinanderrutschen gegeben
wäre. Das hat mir nicht gefallen, daher habe ich einfach in der Mitte der
Fläche, in der die ungenutzte Öffnung für die Servokabel war, ein
Sperrholzbrett mit eingeharzter M4-Schraube hinter der Wurzelrippe
eingeklebt. Im Rumpf wurde ein rundes Gegenstück als Widerlager aus Sperrholz
geschnitten, so dass die Schraube durch die Rumpfseitenwand ins Innere
ragt. Dort wird sie mit einer Flügelmutter gesichert. Einfach, billig und
gut.
Streben: Diese sind sehr stabil ausgefallen. Zwei durchgehende
Alu-Flachbänder (15mm x 4mm), welche mit Holz verkleidet sind, sind beim
Rumpfbereich mit Messingblech mit 3 Schrauben M4 zusammengeschraubt. Die
Halterung der Stützstreben habe ich entgegen der Bauanleitung nicht an
der Fläche angeschraubt, sondern mittels Blech-Halteklammern
(Baumarkt) befestigt. Diese Art bringt Vorteile beim Zusammenbau, da nur
mehr 3 Inbußschrauben pro Strebe und Fläche montiert werden müssen.
Rumpf: Der Zugang zum Rumpfinneren ist bereits vorbereitet, da
die "Türen" an der rechten Seite bereits fertig angeschlagen sind. Um zu
vermeiden, dass der Oberteil ständig auf die Finger fällt, wurde ein
Neodym-Magnet in die Türe eingelassen. Nun kann man das Türblatt
aufklappen, ohne es ständig auf der Hand zu haben. Für die Tür, die aus
einem Ober- und einem Unterteil besteht, habe ich mir zusätzlich aus
Resten von Anlenkungen und einem Stück Messingrohr zwei Verriegelung
gemacht, da die von mir vorgesehenen Magnete nicht genug Haltekraft
hatten. Als Befestigung für das Servo der Schleppkupplung habe ich ein
Sperrholzbrett mit der Servoaufnahme am hinteren Ende der Kabine Quer an
den letzten Spant geklebt. Die Anlenkung ist gerade und direkt. Der
Cockpitraum wird von einem Hartbalsabrett nach oben abgeschlossen, auf dem
auch der Pilot befestigt wird. Da sich dieses Brett mit montierter
Pilotenbüste nicht mehr aus dem Rumpf herausnehmen lässt, habe ich den Piloten
von unten mit einer Plastikschraube, in die Quer (wie eine Flügelmutter) ein
dünnes Sperrholz eingeklebt wurde, angeschraubt. Die Akkus für Zündung und
Beleuchtung montierte ich mit Klettband auf den Zwischenboden, auf dem ich
auch den 1200ccm-Tank mit Schlauchbinder befestigte. Der Zwischenboden
sollte mit 4 Schrauben an im Rumpf eingeklebten Holzklötzen festgeschraubt
werden. Allerdings kommt man zu den rückwärtigen Schrauben nach Bestückung
des Zwischenbodens nicht mehr dazu. Also habe ich mit Sperrholzstreifen
eine Klemmung an der Rumpfseite gemacht, in die der Zwischenboden einfach
eingeklemmt und nur vorne mit zwei Holzschrauben befestigt wird. Das hält
bombenfest.
RC-Equipment: Im Rumpf geht es sehr aufgeräumt zu. Der Zwischenboden
nimmt auch noch den Empfänger, die Solid2-Weiche und die
Beleuchtungselektronik auf. Die zwei 4300mAh für den Empfänger sind aus
Schwerpunktgründen an der (verstärkten) Rumpfunterseite auf einer
Sperrholzplatte montiert, die durch die Rumpfunterseite angeschraubt wird
und so jederzeit ausbaubar sind.
Flug: Die Flugeigenschaften sind Piper - Typisch, gutmütig und
stabil. Die Klappen haben eine sehr gute Wirkung, wobei gegen die
Lastigkeitsänderung etwas Tief beigemischt werden sollte. Was besonders
auffällt, ist, dass man das Modell förmlich "an den Boden drücken" muss,
um einen "ewigen Gleitwinkel" (vor allem mit gesetzten Klappen) zu
vermeiden. Daraus resultierend sind ausgezeichnete Kurzstart- und
Landeeigenschaften, die selbst auf kleinen Plätzen keine Unruhe
aufkommen lassen.
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FAZIT:
Von der Qualität der Bauteile bis zur Bügelqualität kann nur das beste
Zeugnis ausgestellt werden. Auch das Zubehör ist reichlich. Dass an
einigen Stellen, bevorzugt an den Spitzen der Folie, nachgebügelt werden
muss, ist vernachlässigbar. Das vom Hersteller angegebene Gewicht konnte
ohne viel Kunstkniffe eingehalten werden, was für eine gute Auswahl der
Holzqualität steht. Sehr gutmütige Flugeigenschaften runden das
ausgezeichnete Gesamtbild ab. Das Modell ist für jeden zu empfehlen, der
mit überschaubarem Bauaufwand zu einem Imposanten Schleppmodell kommen
will, mit dem man auch die "schwere Brocken" unter den Seglern ohne
Probleme nach oben bringen kann.
Als Minus ist das Leitwerk und damit das Transportproblem zu nennen. Hier
sollte sich der Hersteller doch mehr Gedanken machen und dieses abnehmbar
gestalten. Nicht jeder hat einen Lastwagen in der Garage stehen! Auch bei
den Ausnehmungen für das HR- und SR-Servo sollten die Ausschnitte etwas
weiter auseinander sein, um eine Berührung der Anlenkungen bei langen
Hebeln zu vermeiden. Als Schlußbetrachtung könnte man sagen, dass auch
ARF-Modelle genug Arbeit, aber auch eben soviel Freude machen.
NS.: In der Zwischenzeit wurde die Empfangsanlage auf
2,4 GHz umgebaut, was außer dem Wechsel des Empfängers keine Änderungen
notwendig machte. Das Sicherheitsgefühl, dass es keine
Gleichfrequenzbelegung mehr geben kann, war für mich der Grund zum
Umstieg auf 2,4 GHz. |