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TUMMELISA - HISTORY

Der erste Weltkrieg war noch nicht zu Ende, da suchte man bei der schwedischen Luftwaffe ein wendiges und gut beherrschbares Flugzeug für das Jagdpilotentraining. Es sollte die bis dahin eingesetzten Albatros und Thulin-Typen ablösen. Dazu kam, daß die Armee sich endlich aus der Abhängigkeit bisheriger Lieferanten befreien wollte.

Die Zeichen dafür standen günstig, denn die Luftwaffe hatte zum damaligen Zeitpunkt ihre eigenen Werkstättenkapazitäten derart hochgefahren, daß noch genügen Spielraum für den Bau eins eigenen Flugzeuges vorhanden war. So erhielt die "Flygkompaniets" den Auftrag, ein solches Flugzeug zu bauen. Ausgehend von einer Thulin-E-Maschine entwickelte man dort zunächst einen Dreidecker. Der Prototyp glänzte im Großen und Ganzen durch sein ausgezeichnetes Flugverhalten, doch war der 90 PS Thulin-A-Motor einfach zu schwach.

Dies wurde dann auch zur tragischen Gewissheit, als am 12. April 1919 Leutnant Gösta Carlsson und ein Passagier während eines Übungsfluges plötzlich ins Trudeln gerieten und dabei zu Tode kamen. Trudeln war um damaligen Zeitpunkt ein relativ unbekanntes Manöver für die schwedischen Piloten. Vor allem aber wusste man noch nicht, wie man da heil wieder rauskommen konnte. Um das zu erfahren - das Dreideckerprojekt war nach dem Unfall wieder auf Eis gelegt worden - reisten noch im Sommer des gleichen Jahres Gösta von Porat und Leutnant Rodehn nach Frankreich in die 'Ecole Superieur'. Dabei blieb es natürlich nicht aus, daß sie mit den modernsten Jagdflugzeugen in Berührung kamen.

Porat  machte jede Menge Skizzen und übergab diese nach seiner Rückkehr Henry Kjellson, der sofort die erforderlichen Berechnungen machte. Zwischendurch ging Thulins Flugzeugfabrik pleite und Staffelkapitän Ernst Fogmann konnte aus der Konkursmasse (für 7000.- Kronen das Stück) noch eine große Anzahl von Thulin-A Umlaufmotoren an Land ziehen. Sie waren ursprünglich für das Dreideckerprojekt bestimmt und standen jetzt zu freien Verfügung. Dieser Motor bestimmte nun weitgehend die konstruktiven Merkmale des Flugzeuges. Im Grunde genommen baute man jetzt ein Flugzeug um einen vorhandenen Motor herum.

Wegen der Form, die schließlich dabei herauskam und der geringen Größe, taufte man das Flugzeug "Tummelisa" (Däumling). Kellson war bereits im Herbst 1919 mit dem Bau von zwei Flugzeugen beschäftigt, als eine erste Serie von sechs Stück bestellt wurde. Zum Jahreswechsel 1919/1920 war der Prototyp mit der N. 033 startklar. Leutnant Gustav von Segebaden war als Testpilot auserkoren. Die ersten Rollproben erfolgten im Frühjahr 1920. Mit dieser Übung beschäftigte sich Segebaden aber derart intensiv, daß Porat schließlich der Kragen platzte. Er sprang selbst in die Maschine und flog los. Die erste Tummelisa war in der Luft. Man schrieb den 28. Juni 1920.

Die Flugeigenschaften waren genau so, wie man sie haben wollt. Direktes und schnelles Ansprechen auf sämtliche Knüppelbewegungen. Wegen des relativ engen Radstands gab es jedoch, insbesondere bei Seitenwind, Probleme bei Start und Landung. Deshalb montierte man nachträglich Schleifbügel an die Tragflächenenden. Außerdem ging die Tummelisa, wegen einer Tendenz zur Kopflastigkeit, beim Rollen gern auf die Nase, was später einen hohen Verschleiß an Propellern nach sich zog.

Die Geschichte der Nr.033 war leider nur von kurzer Dauer. Nach einer Außenlandung infolge Motorschadens wurde das Flugzeug auf dem Schienenweg nach Malmslätt befördert. Dort kam sie auch an, brannte jedoch noch im Bahnhof wegen Funkenfluges (direkt hinter der Lok) vollständig aus. Bis Ende 192 wurden bei PVM insgesamt 17 Liesa's gebaut. Neben der Verwendung als Übungsflugzeug setzten die Fluglehrer sie gerne an Flugtagen ein. Bereits im Jahre 1920 wurden vier Maschinen, anstelle mit Nummern, mit den Spielkartensymbolen Herz-As (039), Pik-As (081), Kreuz-As (083 und Karo-As (085) markiert und so zur besonderen Attraktion. Im Jahre 1925 kam ein weiteres Herz-As (087) hinzu. Ihr rotes Herz war zusätzlich mit einer weißen "2-a" bemalt. 

1928 sind dann die letzten zehn Flugzeuge an die Staffel gegangen, so daß sich die Gesamtzahl an gebauten Maschinen auf siebenundzwanzig erhöhte. Im Jahre 1932 hatte Tummelisa als Übungsflugzeug dann endgültig ausgedient. Die letzten zwei fliegenden Exemplare wurden schließlich am 12. Februar 1935 eingezogen. Was aus ihnen wurde, ist nicht überliefert. Zumindest war Abfackeln eine damals gängige Methode, sich derartigen "Sperrmülls" zu entledigen.

Zwei weitere Exemplare, die "3656" und die "3660" blieben bei der F3 in Malmslätt. Die "3656" ging danach ins Museum und ist mit hoher Wahrscheinlichkeit das einzig erhaltene Original. Ihren letzten Flug absolvierte sie im Jahre 1962 anlässlich des 50. Jubiläums der schwedischen Luftwaffe. Das Schicksal der "3660" ist nicht bekannt. Noch 1945 wurde sie, sehr gut erhalten, auf dem Flugplatz in Malmslätt gesehen. Vermutlich endete auch sie als Mittsommernachtsfeuer.


DER "DÄUMLING" FLIEGT WIEDER

Am 19.März 1989 präsentierte der Schwede Mikael Carlsson der staunenden Öffentlichkeit eine nagelneue Tummelisa. Es war der Tag der Einweihung der zweiten Stufe des schwedischen Luftfahrtmuseums. Carlsson baute das Flugzeug zwischen den Jahren 1983 und 1989 im schwedischen Tösse detailgetreu nach. Zuvor hatte er sich ausgiebig mit der "3656" im Luftfahrtmuseum beschäftigt. Auf Originalpläne konnte er zwar zurückgreifen, nicht aber auf die Fertigungstechniken, die für spezielle Teile damals verwendet wurden. So schweißte Carlsson z.B. die Motorhaube aus einzelnen Segmenten in mühevoller Kleinarbeit selbst zusammen. Die nächste Hürde war die Beschaffung des Motors. Woher ein Original bekommen? Hier sprang das Thulinmuseum in Landskrona ein und überließ Carlsson ein Exemplar als Dauerleihgabe.

Seit ihrem Debüt im Jahre 1989 gab es viele Gelegenheiten, Tummelisa life zu erleben. Die Fotos zu diesem Bericht sind im Jahre 1993 beim Oldtimertreffen Hahnweide entstanden.

Klaus-D. Bräuer